Trauma und Akupunktur nach den Himmelsstämmen und Erdenzweigen
Wir haben Patienten und Patientinnen in unseren Praxen, welche ein Trauma haben.
Auf Grund des umfangreicheren Wissens zur Funktionsweise des Nervensystems wird mittlerweile der Traumabegriff weiter definiert. Eine Traumareaktion kann im Nervensystem nicht nur bei massiven Übergriffen, Gewalteinwirkung oder Horror auftreten. Es gibt auch niedrigschwelligere Situationen sowie chronische Umstände wie z.B. Vernachlässigung im Kindesalter, welche zu einer Traumareaktion führen können.
Im Alltag bewegt sich unser Nervensystem in einer bestimmten Spanne der Sympathischen Aktivierung und Parasysmpathischen Entspannung. Gibt es Ereignisse oder werden Ereignisse so interpretiert, dass sie bedrohlich sind, wechselt unser Nervensystem zunächst in den sympathisch dominierten Kampf- oder Fluchtmodus. Ist die Situation geklärt, entlädt sich die Aktivierung z.B. durch Bewegung und wir kehren in das alltäglichere ausgewogenere Spektrum von Aktivierung und Entspannung zurück.
Läßt die Situation sich nicht erfolgreich klären, kann es sein, dass wir beim Empfinden einer Lebensgefahr weiter in eine Traumareaktion wechseln und zwar in den Bereich der Dissoziation hinein. Dissoziation ist eine weitere Überlebensstrategie, die Strategie des Abschaltens. Sie ist verbunden mit einem Herunterdimmen z.B. der Herzfrequenz und einem Abschalten bestimmter Gehirnbereiche, z.B. für Emotionen oder empathisches Empfinden. Auch hier gibt es im Normalfall einen natürlichen Rhythmus des Abschliessens der Dissoziaton nach Vorübergehen der Bedrohungssituation und der Rückkehr in unser alltägliches Spektrum von Aktivierung und Entspannung.
Bei beiden Überlebensreaktionen, also sowohl Kampf-und Fluchtreaktion als auch Dissoziation, kann es sein, dass die physiologischen Prozesse nicht erfolgreich abgeschlossen werden und wir zumindest teilweise in einem Zustand der Überaktivierung oder des Eingefroren Seins bleiben. Dies ist bei unseren Patienten mit einem Trauma der Fall. Trauma ist also eine nicht vollständig abgeschlossene natürliche Reaktion unseres Körpers.
Im weiteren Verständnis von Trauma gehen Fachleute wie z.B. Peter Levine, welcher wichtige Impulse zur Traumaforschung gegeben hat, davon aus, dass alle Menschen in Teilaspekten ihrer Organisation des Nevensystems Traumareaktionen zeigen.
Grundlegendes Wissen zum Thema Trauma und zur Funktionsweise unseres Nervensystems zu haben, ist meiner Meinung nach ein wichtiges Werkzeug zur Behandlung von Patienten insgesamt.
Im Seminar geht es nicht darum, Traumata bei Patienten direkt ztu behandeln. Es geht darum, wie wir Patienten mit einem Trauma, welche für andere Beschwerden und Erkrankungen zu uns kommen, angepasst behandeln können.
Es ist wichtig, dass wir diesen Patienten helfen, aus der Überaktivierung wieder in das Hier und Jetzt der Behandlungssituation und der darin enthaltenen positiven Ressourcen zu finden. Das wichtigste Werkzeug ist dabei zunächst die Fähigkeit des Behandlers, sich selber zu regulieren. Bleiben wir entspannt und sozial zugewandt, kann dies auch den Patienten erleichtern, sich wieder innerlich in der sicheren Gegenwart zu verorten.
Darüber hinaus sollten wir die somatischen Zeichen deuten können, in welchem inneren Zustand sich ein Patient oder eine Patientin befindet. Von hier aus können wir einfache Werkzeuge anbieten, zurück in die eigene Regulation zu finden. Dazu gehören z.B. Aspekte, wie den Patienten Zeit zu geben sich im Raum zu Orientieren. Ebenso kann es für manche Menschen hilfreich sein, sich in der eigenen Körperwahrnehmung zu orientieren, falls dies möglich ist. Zudem sollten wir klar signalisieren, dass in der Akupunktur nur das gemacht wird, was der Patient oder die Patientin auch selber möchte und dass die Entscheidungshoheit diesbezüglich immer bei ihm oder ihr liegt.
Innerhalb der Akupunktur und Chinesischen Medizin selbst gibt es vielfältige Möglichkeiten, diesen Prozess der Selbstregulation zu unterstützen. Zunächst betrifft dies die Auswahl der Behandlungsmodalität, so können wir z.B. mit nicht invasiven Techniken arbeiten wie dem Aufkleben von Goldkugeln. Dies ist für viele Patienten mit Trauma sehr wirkungsvoll.
Im Seminar werden wir neben der Einführung der neurophysiologisch orientierten Traumatheorie einen Schwerpunkt auf die Strategien der Chinesischen Medizin legen.
Innerhalb der Philosophie der Himmelsstämme und Erdenzweige gibt es wichtige Ansatzpunkte, wie wir Menschen helfen können, sich zu stabilisieren und wie wir vermeiden, dass Patienten überfordernde Erfahrungen in der Akupunktur erleben. Ein wichtiger Aspekt ist hier das Verständnis der Konstitution des Patienten oder der Patientin, wie sie in den Himmelsstämmen und Erdenzweigen deutlich wird.
Zusätzlich besprechen wir das Kapitel „Angst und Schrecken und rennendes Ferkel Qi des Jing Gui Yao Lue“ und die Umsetzung der Behandlungsempfehlungen in der Akupunktur.
Übersicht über die Seminarinhalte:
Vormittags von 10 – 13 Uhr:
- Einführung was ist ein Trauma, neurophysiologische Grundlagen nach Peter Levine
- Polyvagaltheorie von Stephen Porges
Nachmittags von 15-18 Uhr:
- traumsensitive Interaktion in der Naturheilpraxis
- Akupunktur der Himmelsstämme und Erdenzweige bei Patienten und Patientinnen mit Traumadiagnose
- Einführung zum Kapitel „Angst und Schrecken und rennendes Ferkel Qi des Jing Gui Yao Lue“ und Umsetzung in der Akupunktur
Es braucht keine Vorkenntnisse zum Thema Trauma für die Seminarteilnahme.
Anmeldung über info@tcm-mitte.de